Mein ganz persönlicher Weg zum Glück

Umwege, die das Leben schreibt

Ich wuchs bei meinen Eltern, zusammen mit einer Schwester, die sieben Jahre älter ist als ich, in unserem Elternhaus auf. Ich bin das fünfte Kind von fünf Kindern. Meine großen Brüder waren alle bereits erwachsen und standen auf eigenen Beinen.

 

Meine Kindheit

Meine Eltern waren Flüchtlinge aus dem Böhmerwald. Sie erzählten mir nicht sehr viel darüber. Nur, dass sie mit wenigen Habseligkeiten ihre Heimat in Tschechien im Jahre 1945 nach Kriegsende verlassen mussten. Lange Zeit wohnten sie in einem Wohnwagen und bauten sich schließlich in den sechziger Jahren ein Haus in Vach (Franken).
Mein Onkel, der Bruder meiner Mutter, lebte bei uns. Meine Mutter hatte Mitleid mit ihm und ließ ihn bei uns wohnen, da seine Frau ihn verlassen hatte. Er hatte Alkoholprobleme.

 

Stephan Lang

Leiden, Schmerz und Alkohol – Männervorbilder?

Auch mein Vater betäubte seine Kriegsschäden, das Leiden und seinen Schmerz genauso wie mein Onkel mit Alkohol. Ich habe meinen Vater meist abwesend in Erinnerung. Manchmal gingen wir in den Wald um Pilze zu sammeln. Oder er zeigte mir etwas an seinem Mofa, mit dem er täglich zur Arbeit fuhr. Er war sehr stolz auf das Original Hercules Mofa, Baujahr 1969. Dies ist auch mein Geburtsjahrgang. Als Erinnerungsstück an diese Zeit habe ich das Kraftrad bis heute in meinem Besitz. Die meiste Zeit jedoch verbrachte mein Vater in der Arbeit, von früh morgens bis spät abends. Ich sah ihn also nicht wirklich viel und so fehlte mir die männliche Bezugsperson doch sehr.
Auch meine Mutter arbeitete neben Haushalt und der Kindererziehung noch in der Gastronomie.
Als ich neun Jahre alt war, spitzten sich die Familienverhältnisse auf ein unerträgliches Maß zu. Die Alkoholprobleme der beiden Männer wurden immer größer. Aufgrund dessen meldete mich meine Mutter nach einer Aufnahmeprüfung bei den Regensburger Domspatzen an. Ich war auch sehr stolz darauf; denn eine Klosterschwester, die meine Mutter kannte, bestätigte uns, dass ich zum Klavierspielen Talent habe. Bereits mit etwa acht Jahren hatte ich begonnen, bei dieser Klosterschwester Klavierunterricht zu nehmen.

 

Erlösung bei den Regensburger Domspatzen???

Mit zehn Jahren bei den Regensburger Domspatzen angekommen erfuhr ich emotional sehr viel Hilflosigkeit, Angst, Ohnmacht und das Gefühl des „Ausgeliefertseins“. Dazu bekam ich auch körperliche Züchtigung und seelische Gewalt am eigenen Leib zu spüren. Ich erinnere mich noch genau an die Abfahrten, als ich weinend vom Bahnhof zum Internat in die Vorschule nach Etterzhausen fahren musste. Meine Mutter loslassen. Heulend im Zug sitzen. Ein trauriger Junge spiegelte sich im Zugfenster. Die meisten der anderen Kinder im Internat hatten genau wie ich den Eindruck, ja die Überzeugung: “So muss es wohl in der Hölle zugehen!“. Da es zu Hause auch nicht zimperlich zuging, war ich schon etwas abgehärtet. Ein Junge zeigt keine Gefühle! Das waren nachfolgende Prägungen. Wenn jemand bestraft wurde, gab es selten Tränen. Man wollte sich auch keine Blöße geben. Die Umgebung war sehr kühl, um sie nicht als kalt zu bezeichnen. Ich weinte sehr häufig heimlich in meinem Bett, wie ich mich erinnern kann, so dass es niemand mitbekam. Ich war ein Jahr und drei Monate in diesem „Internat“ untergebracht. Nach mehrfachem Flehen und Bitten holte mich meine Mutter – Gott sein Dank – letztendlich wieder nach Hause. Die Zeit dort endete – die Folgen davon zogen sich weiter …
… nach zehn Jahren zu Hause und mehrfachen Schicksalsschlägen in der Familie war ich nun mit etwa 20 Jahren ein eingeschüchterter, junger Mann mit Selbstzweifel und großen Ängsten…
Eine Stimme in mir meldete sich irgendwann und meinte: Das kann für mich auf Dauer keine Lösung sein, es muss eine Veränderung her.
Da war ich dann bereits 28 Jahre alt.

 

Rummss!!! Das Ende?

Dann… der Autounfall!
Die Ärzte konnten mir nach Tagen im künstlichen Koma zu diesem Zeitpunkt nicht garantieren, ob ich jemals wieder laufen kann. Und dies sagten sie mir auch. Die Hoffnung war klein. Ich war mehr als nur verzweifelt.

 

Und dann die Wende…

Wie durch ein Wunder, wie ich es heute bezeichne, bekam ich durch ein „Erlebnis“ nach dem Aufwachen aus dem Koma einen so starken Lebenswillen geschenkt, eine unglaubliche innere Stärke, die mir half, auch mit Extremsituationen gut umgehen zu können. Dadurch kann ich Situationen, Dinge anders betrachten, wahrnehmen und begleite und unterstütze nun gerne Menschen auf ihrem Weg zu ihrer Kraftquelle zu finden.
Seitdem ist für mich jede Begegnung mit Menschen und meiner Umwelt etwas ganz besonderes.
Jeder Mensch hat Stärken, Fähigkeiten und Talente, die er im Laufe seines Lebens verloren glaubt. Diese persönlichen Ressourcen sind in jedem Menschen vorhanden und warten nur darauf, abgerufen zu werden. Die eigene Lebensbestimmung zu erkennen und im Einklang mit den Wünschen und Bedürfnissen zu leben ist der tieferfüllte Sinn, den so viele Menschen oft ihr ganzes Leben lang suchen.
Meine eigenen Erfahrungen wie Beziehungskrisen, Kündigung, Krankheit bis hin zum Burnout und zu allerletzt mein schwerer Autounfall, den ich mittels vieler geistiger Helfer nur knapp überlebte, verhalfen mir nach vielen Jahren meine Ressourcen zu entdecken.
Meine Erkenntnis, die folgte, war: Es ist egal, was du in deinem Leben erfahren und erlebt hast. Die entscheidenden Fragen sind: Gibst du auf oder beginnst du endlich, dein Leben zu leben? Deine einzigartigen Fähigkeiten, die nur zu DIR gehören zu entdecken? Deine Besonderheit zum Ausdruck zu bringen und mit anderen Menschen zu teilen?

Stephan Lang

Ein ganzes Jahrzehnt pflegte ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin meine pflegebedürftige Mutter.
Jetzt lebe ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin, unseren Zwillingen und zwei Katzen in einem kleinen, beschaulichen Haus an einem ruhigen, friedlichen Ort im Rottal und kann sagen: „Ja, ich bin grundlos glücklich!“ Und das Leben ist in jedem Augenblick ein spannendes Abenteuer, das sich zu erleben lohnt. Heutzutage gibt es unendliche Möglichkeiten, die es früher noch nicht gab. Genau genommen gab es die Möglichkeiten schon immer, aber der Mensch war evolutionsbedingt nicht in der Lage, diese zu begreifen und umzusetzen.
Ich bin sehr dankbar, mit DIR, in dieser außergewöhnlichen, besonderen Zeit mit viel Freude am Leben teilnehmen zu dürfen und weiter wachsen zu können.